Die neue OM System OM-1 Mark II im Test

Vogelfotografie mit der OM System OM-1 Mark II & dem M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS
2024-02-07 Katrin Wrulich

OM System OM-1 Mark II & M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS im Praxistest

Vogelfotografie in der Südsteiermark

Die OM‑1 war bereits eine großartige Kamera mit vielseitigen Funktionen für alle Naturfotografen. Die OM System OM-1 Mark II perfektioniert sie, indem sie bei der Gesamtleistung noch einen Schritt weiter geht.

CHRISTIAN BROCKES, OM SYSTEM AMBASSADOR

Die anfängliche Skepsis…

Seit einiger Zeit fasziniert mich die Tierfotografie – besonders wenn es um Wildlife und Vogelfotografie geht. Als ich dann die neue OM-1 Mark II testen konnte, war ich natürlich gespannt, wie sie sich im Vergleich zu meiner Nikon Z6 II schlagen würde, die ich normalerweise mit dem Nikkor Z 100-400mm verwende, um Wildlife zu fotografieren.

Meine größte Skepsis galt dem vergleichsweise kleinen MFT Sensor, der von OM System und Panasonic verwendet wird. Ein kleinerer Sensor war für mich gleichbedeutend mit schlechterer Bildqualität – Eine sehr banale Aussage, die aber eine weit-verbreitete Meinung in meiner Foto-Bubble widerspiegelt. Und ja, es liegt auf der Hand: ich nehme einen deutlichen Unterschied von MFT im Vergleich zu Vollformat wahr. In der 100% Ansicht zeigt sich: viele Bilder sind nicht so klar, die Details nicht so fein. Wenn wir uns aber ehrlich sind, bezweifle ich, dass ich bei 1200mm auf Vollformat durchwegs knackscharfe Bilder produzieren würde. Erst recht, wenn sich die Motive im Schatten befinden und der ISO Wert auf 1600 oder höher steigt. Aktuell lassen sich die RAW Files der OM-1 Mark II noch nicht in Lightroom öffnen, entsprechend sind alle Fotos in diesem Beitrag auch ursprünglich JPEGs, die ich ein wenig bearbeitet habe. Im OM-System eigenen RAW-Konverter habt ihr aber, meines Wissens nach, die Möglichkeit, eure RAWs zu entwickeln.

OM System OM-1 Mark II

OM-System OM-1 Mark II mit dem neuen M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS

Die Rahmenbedingungen: Ein frostiger Sonntagmorgen am Weiher

Ich hatte das Vergnügen, die OM System OM-1 Mark II in Kombination mit dem ebenfalls neuen M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS Objektiv intensiv zu testen. Mein Fokus lag dabei vor allem auf der Vogelfotografie, einem Genre, das nicht nur Geduld erfordert, sondern auch eine Ausrüstung, die präzise und schnell reagieren kann.

Wir machten uns also frühmorgens auf an einen Weiher, an dem sich immer viele Wasser- und Singvögel aufhalten. Einerseits hielten wir uns in einem Vogelbeobachtungshaus auf, andererseits gab es auch eine Futterstelle in Gehweite, die von anderen Fotografen und Fotografinnen schon als Fotospot präpariert worden sein dürfte. Also ließen wir uns auch dort nieder, um die ein oder andere Meise zu fotografieren. Auch Rotkelchen und Specht haben sich dazugesellt, während die Wasservögel anfangs  eher auf Abstand blieben.

Wusstest du, dass…?

…OM-System einen Sensor im MFT Format verwendet? Der Crop-Faktor im Vergleich zum Vollformat ist 2, entsprechend wirken die 150-600mm des Objektivs wie 300-1200mm!

Der Vogel-Autofokus: Echt schnell und sehr präzise

Was mich an der OM-1 Mark II besonders beeindruckt hat, ist der Vogel-Autofokus. Dieses Feature ermöglicht es, Vögel in voller Bewegung mit einer Präzision zu erfassen, die ich so noch nicht erlebt habe. Selbst in komplexen Umgebungen, wo sich die Vögel gegen einen unruhigen Hintergrund abheben müssen, konnte die Kamera die Motive schnell identifizieren und scharf stellen. Diese Fähigkeit hat es mir ermöglicht, gestochen scharfe Aufnahmen von Vögeln im Flug zu machen, ohne dass wichtige Momente durch Verzögerungen verloren gingen.

Wie funktioniert der Vogelautofokus der OM-1 Mark II? Der Vogelautofokus nutzt künstliche Intelligenz, um Vögel im Bildfeld präzise zu erkennen und zu verfolgen. Durch die Analyse von Form, Bewegungsmuster und Größe kann die Kamera Vögel schnell identifizieren und den Fokus darauf richten, selbst wenn sie sich bewegen oder fliegen. Diese Technologie basiert auf einem umfangreichen Datensatz von Vogelbildern, der es der KI ermöglicht, eine Vielzahl von Vogelarten unter verschiedenen Bedingungen zu erkennen. Der Autofokus passt den Fokus dynamisch an, um sicherzustellen, dass der Vogel stets scharf abgebildet wird, und reagiert extrem schnell auf Bewegungen. Das ermöglicht dir, flüchtige Momente in der Vogelfotografie einzufangen, die du sonst oft verpasst.

Vögel im Flug fotografieren: Mit der OM-1 Mark II ein Kinderspiel

Ein Aspekt, der mich während meiner Tests immer wieder beeindruckt hat, ist die Trefferquote beim Fotografieren von Vögeln im Flug. Die Geschwindigkeit und Genauigkeit, mit der die OM System OM-1 Mark II fokussiert, ist einfach herausragend. Bei der Verfolgung schneller Bewegungen bleibt der Autofokus präzise und selbst die schnellsten Vögel werden in perfekter Schärfe eingefangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich das Motiv auf die Kamera zubewegt (und sich die Schärfeebene entsprechend ständig ändert) oder ob man den Vogel mittels Mitzieher fotografiert. Diese Zuverlässigkeit der Kamera/Objektiv-Kombination gibt mir die Freiheit, mich voll und ganz auf die Komposition und den perfekten Moment zu konzentrieren, ohne mir Sorgen machen zu müssen, ob die Aufnahme scharf wird oder nicht.

Pro-Capture: Nie wieder den perfekten Moment verpassen

Ein weiteres Highlight ist das Pro-Capture Feature. Diese Funktion hat mein Erlebnis mit der Vogelfotografie grundlegend verändert, weil ich dadurch einfach viel mehr Erfolgsmomente erlebt habe. Beispielsweise, weil ich den exakten Moment eines Vogelflugs einfangen konnte – der Ausdruck in den Augen, die Spannung in den Flügeln –, selbst wenn meine Reaktion einen Bruchteil einer Sekunde zu spät kam. Diese Technologie hat mir einige coole Aufnahmen beschert und ist ein wahrer Gamechanger für mich.

So nutzt du den Pro-Capture Modus:

Wenn ich mich auf die Vogelfotografie vorbereite, nutze ich zusätzlich zum Vogel-Autofokus der OM-1 Mark II die Pro-Capture. Ich drücke den Auslöser halb durch und lasse den Autofokus das Motiv verfolgen. Während der Auslöser halb gedrückt ist, speichert die Kamera Bilder im Voraus im Kamera-internen Pufferspeicher.

Sobald die Aktion, auf die ich gewartet habe, passiert, drücke ich den Auslöser vollständig durch. Die Kamera speichert dann die Bilder auf die SD Karte, die sie im Voraus aufgenommen hat, plus einige zusätzliche Aufnahmen, die nach dem vollständigen Drücken des Auslösers gemacht werden. Diese Funktion ermöglicht es mir, keinen flüchtigen Moment zu verpassen.

Je nachdem, wie ich die Einstellungen für die Anzahl der Bilder vor und nach dem Drücken des Auslösers angepasst habe, braucht die Kamera einen Moment, um die Daten auf die SD-Karte zu schreiben. Hier zahlt sich eine flotte Speicherkarte natürlich wieder richtig aus! Währenddessen kann ich bereits mit der nächsten Aufnahme beginnen oder im Menü Einstellungen ändern.

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Welche Einstellung ist ideal?

Ich habe mich, aus Angst vor der großen Datenmenge und der damit verbundene Fotosichtung, für 15 Bilder davor und 10 Bilder danach entschieden. Das war auch im Nachhinein betrachtet eine gute Herangehensweise. Sinnvoll ist es, sich den Pro-Capture Modus auf einen Custom Button zu legen, um schnell zwischen Single Shot und Pro-Capture wechseln zu können. Sobald man mehr Erfahrung gesammelt hat, kann man die Einstellungen noch mehr auf die eigenen Bedürfnisse anpassen!

Ein richtig tolles Foto vom Wegfliegen oder Landen ist mit nicht gelungen, aber mit genug Zeit, Übung und einer Prise Glück kann man mit Pro-Capture sicher ganz fantastische Augenblicke einfangen!

Pro-Capture Feature beim Abflug eines Buntspechts

M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS

Handheld-Aufnahmen mit umgerechnet 1200mm

Die Bildstabilisierung der OM-1 Mark II in Kombination mit dem M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS ist Wahnsinn – ich habe manchmal direkt vergessen, wieviel Brennweite ich hier in Händen halte. Doch mit diesem Setup ist es mir gelungen, erstaunlich scharfe Bilder aus der Hand zu schießen. Diese Leistungsfähigkeit der Bildstabilisierung erweitert die bekannten Grenzen und ermöglicht es, auch halbwegs bequem ohne Stativ zu fotografieren.

Zugegebenermaßen hatte ich Anfangs Respekt vor dem Gewicht der Linse, das mit guten 2 Kilogramm normalerweise nicht in meinen Rucksack wandern würde. Zu meiner Überraschung konnte ich trotzdem gut und sehr stabil damit arbeiten – das Einzige, was mich eingeschränkt hat, war der große Drehweg beim Zoomen: Um von 150mm auf 600mm (oder vice versa) zu kommen, musste ich mindestens 1x nachgreifen. Mit gut 120° Drehweg war es schwer, spontan und während dem Fotografieren zu Zoomen, da ich mindestens einmal nachgreifen musste. Im Nachhinein habe ich mit meinen Kollegen darüber diskutiert und auch andere 150mm-600mm Brennweiten angeschaut – tatsächlich ist der Drehweg beim M.Zuiko 150-600mm verhältnismäßig lang. Ein Vorschlag meiner Kollegen: vorsichtig am vorderen Ende des Objektives ziehen/schieben, um zu Zoomen. Dabei verändert sich auch die Handhaltung nicht – ein guter Workaround, den ich an dieser Stelle weitergeben will.

Ich arbeite gerne mit einem recht minimalistischen Setup und ziehe meist mit nur 1-2 Objektiven los. Auch diesmal habe ich nur besagtes Objektiv mitgehabt und trotzdem eine große Vielfalt an Fotos mit nach Hause nehmen können. Mit der Naheinstellgrenze von 58 Zentimetern (bei 150mm) bzw. 2,8 Metern (bei 600mm) ist man auch flexibel genug, wenn sich Wildtiere mal ganz mutig näher heranwagen. Wir haben weiters 9 Blendenlamellen, die für ein schönes, weiches Bokeh sorgen, 95mm Filterdurchmesser und eine Gesamtlänge von knapp 26 Zentimetern ohne Gegenlichtblende, und einen maximalen Durchmesser von knapp 11 Zentimetern.

Dein Travel-Compagnion

Die praktische Outdoor-Eigenschaften der OM-1 Mark II

Ein weiterer Punkt, der nicht unerwähnt bleiben soll, ist die gute Akkulaufzeit der OM System OM-1 Mark II. In meinem Feldversuch, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und konstantem Arbeiten hatte ich nach 5 Stunden immer noch 23% Akku über. Zudem ist die Kamera robust gebaut und hervorragend gegen die Elemente abgedichtet. Ob Staub, Regen oder Kälte – Mit dem IP53-zertifizierten Wetterschutz kannst du in jeder Umgebung arbeiten. Die teilweise gummierten Bedienelemente lassen sich entsprechend auch mit Handschuhen gut bedienen. Generell wird sie als Outdoor-Kamera beworben, die ideale Begleiterin bei sommerlichen Wanderungen, winterlichen Schitouren und Reisen in herausfordernde Gefilde. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich die Kamera auch in extremeren Situationen als verlässlich erweist – getestet habe ich sie, wie erwähnt bei Temperaturen um die 0° Celsius bei trockenem Wetter.

Fazit

Die Kombination aus der OM System OM-1 Mark II und dem M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0‑6.3 IS hat mir neue Möglichkeiten in der Welt der Vogelfotografie eröffnet. Die Präzision des Vogel-Autofokus in Kombination mit Pro-Capture haben mich vollends überzeugt, und die Skepsis über den kleinere Bildsensor im Vergleich zum Vollformat wettgemacht.

Im Test konnte ich mir ein Bild davon machen, was die Kamera bietet, und für wen sie genau die Richtige sein könnte. Dabei müssen wir uns nichts vormachen: Die meisten, die Vollformat-Sensoren und deren Bildlook kennen und schätzen, werden nicht sofort zu uns laufen, den Ankaufservice nutzen und ihre bestehende Ausrüstung gegen das OM System Setup eintauschen. Dennoch hat das System seine Berechtigung, auf die ich abschließend eingehen will:

Fotograf:in ist man mit voller Leidenschaft. Im Berufsalltag als Fotograf:in kommt man kaum um eine umfangreiche Ausrüstung herum – die Qualität von Objektiven, Kameras und Lichtequipment ist oft wichtiger als die Praktikabilität. Man ist gewillt, Koffer voller Ausrüstung dabeizuhaben, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein und seinen Kundinnen und Kunden das bestmögliche Ergebnis zu bieten. Das bereitet uns Freude und lässt uns auch wachsen. Ein umfangreiches Kamerasystem, das wir im Schlaf beherrschen und uns großartige Ergebnisse ermöglicht.

Dem entgegen steht die unscheinbare Aufmachung der Kameras von OM System, die trotz kleiner Bauart eine hervorragende Bildqualität bieten und in Sachen Komfort keine Wünsche offen lassen. Es ist ein System, das Verlässlichkeit, Kompaktheit und Innovation vereint. Es ist Point-and-Shoot, nimmt uns vieles ab, wenn wir das wollen, lässt sich aber auch penibel steuern, wenn wir eine Szenerie komplett individuell einfangen wollen.

Wer auf das weiche Bokeh aus dem Vollformat auch in der Freizeit nicht verzichten will, der nimmt sich eines der Objektive mit einer 1.2er Blende. Wer gerne einen großen Brennweitenbereich abdeckt, dem stehen einige Reisezooms zur Verfügung. Auch für Makro-Objektive und ultrakompakte Pancakes ist gesorgt. Meiner Meinung nach eignet sich das System ideal als Freizeit-System, bei dem ein guter Kompromiss aus Leistung und Praktikabilität gefunden werden will.

Wenn du eine konkrete Frage zur Kamera oder dem Objektiv hast, melde dich gerne via marketing@fotokoeberl.at bei mir oder komm bei uns im Store vorbei. Gerne erzähle ich dir persönlich von meinen Erfahrungen!

Mehr über die Autorin Katrin Wrulich

Katrin Wrulich
"Bildsprache ist für mich der Schlüssel, um mit meiner Fotografie Geschichten zu erzählen, Emotionen zu vermitteln und Herzen zu berühren."

Nach intensiven Jahren im Zeichen der Konzert- & Portraitfotografie entfachte das Management-Studium eine weitere Leidenschaft: das Marketing. Die Kombination aus Fotografie & Marketing erwies sich für sie als spannende Möglichkeit, Geschichten zu erzählen, Emotionen zu wecken und Menschen tief zu berühren. Ihre Bilder erzählen nicht vorrangig von Äußerlichkeiten, sondern enthüllen vielmehr die Essenz und Persönlichkeit der Portraitierten. Dabei legt Katrin besonderen Wert auf eine aussagekräftige Bildsprache, die die Botschaft der Fotos verstärkt und bei der Erreichung der Ziele hilft. Bei Foto Köberl ist Katrin im Marketing tätig und vorrangig für Online-Maßnahmen und das Kursangebot verantwortlich.

Comments (2)

  1. Arno 2 Monaten vor

    Danke für den tollen Artikel!
    Wurde beim ProCapture Modus der kontinuierliche Autofokus eingestellt? Und wird dann vor jedem Bild scharf gestellt?
    Wurden fur den Autofokus alle Fokusfelder eingestellt oder eine Small-Version?

    • Autor
      Katrin Wrulich 2 Monaten vor

      Hallo Arno! Danke für das Lob und den Kommentar 🙂
      Ja, ich hab beim Pro Capture Modus den kontinuierlichen AF eingestellt (Mit Backbutton-Fokus). Die Nachführung klappt da wunderbar. Bzgl. den Feldern empfehl ich dir entweder die Einstellung “Cross” oder “Mid”, damit der AF sich leichter tut und nicht das ganze Feld beachten muss. Dabei einfach schauen, dass sich das Motiv in der Box befindet, dann sollte das alles super klappen!

      Liebe Grüße, Katrin

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